Sonntag, 30. Juni 2013

Die Kunst des letzten Augenblicks


Es war Frühling, als der Haiku-Dichter Minteisengan 1844 den Tod nahen fühlte. Er fand das Bild für sein Sterbegedicht beim Blick in den Garten: Fallt, Pflaumenblüten, / fallt – und lasst zurück / die Erinnerung an euren Duft. Wer so stirbt, begreift sich als Teil der Natur; sein eigenes Kommen und Gehen ist nicht wichtiger als das Fallen der Blüten und das Schmelzen des Schnees. Yoel Hoffmann, Professor für asiatische Philosophie an der Universität Haifa, hat Sterbegedichte von Zen-Mönchen und Haiku-Dichtern gesammelt; in einem kundigen Vorwort erzählt er von der japanischen Tradition des Sterbegedichts, die sich bis ins Jahr 712 zurückführen lässt. Diese Gedichte – sensibel übersetzt von Munish B. Schiekel - sind voller Leichtigkeit und geistiger Freiheit. Er scheint auf / so leicht, wie er verblasst; / der Leuchtkäfer schreibt die Dichterin Chine. Und wer möchte nicht einst sterben können wie Bainen, der seinen Lieben zuruft: In meine Welt ist jetzt / der Frühling gekommen: / Lebt wohl! 

(Da nicht jeder die Zeitschrift "Buddhismus aktuell" liest, hier noch einmal meine Rezension aus der Ausgabe 2/2013)

Gilt für alle Rezensionen hier: Ich stelle Bücher und Autoren vor, weil ich sie gut und wichtig finde. Ich bin nicht Mitglied in irgendeinem Partnerprogramm irgendeines Online-Händlers und bekomme keine Vergütungen für meine Empfehlungen.